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AutorenbildAnna Hupe

Leichter Einstieg ins Waldbaden mit Kindern

Aktualisiert: 18. Okt. 2020

Als Kind war der Wald mein liebster Spielplatz. Ich liebte es, in Pfützen zu spielen, auf Bäume zu klettern, durchs hohe Gras zu kriechen, an einem Bach einen Staudamm zu bauen... Wenn du dich zurückerinnerst fallen dir sicher auch ganz viele Erinnerungen ein, was du in der Kindheit im Wald gespielt hast. Wie du ihn erlebt und dir erobert hast.

Als wer warst du im Wald unterwegs - als Forscher, Indianer, Fährtenleser, als Ronja Räubertochter oder Birk Borkasohn oder als Prinzessin, die aus dem Internat geflohen ist und ab sofort im Wald wohnte (das war eines meiner liebsten Spiele - ich liebte Prinzessinnen, den Wald und die Dramatik in diesem Spiel!)

Der Wald bietet für die kindliche Phantasiewelt eine unglaubliche Bühne. Ob nun für wilde Spiele mit Rittern und Gefangenen oder ruhige Spiele bei denen die Kinder ganz versunken etwas bauen oder entdecken. Kreativität und Ideenreichtum sowie die Fähigkeit zu imaginieren sind im Wald besonders gefragt.

Gerade heute haben viele Kinder schon vorgefertigtes Spielzeug daheim, das die Kinder in der Regel in eine bestimmte Richtung weist. Mit einem Feuerwehrauto wird ein Kind mit hoher Wahrscheinlichkeit eben auch Feuerwehr spielen. Ein Stock hingegen im Wald kann als Schwert, als Begrenzung, als Baumaterial, als Bratwurst, als Knochen, als Zauberstab, ja sogar versehen mit einer Schnur als Hund dienen. Der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Die Kinder werden mit dem freien Material, das der Wald bietet ganz anders in ihrer Kreativität angeregt!

Doch was ist, wenn die Kinder nicht so gewohnt sind, in den Wald zu gehen und dort frei zu spielen? In meiner Kindheit war das noch ganz normal, dass wir ganze Nachmittage allein im Wald verbracht haben. Heutzutage ist das eher eine Seltenheit geworden.

Wie können Kinder also angeregt werden, wieder freier ins kreative Spiel im Wald zu finden?

Hier bekommst du eine kleine, leichte Anleitung, wie ihr gemeinsam einen kleinen Waldbaden-Ausflug unternehmen könnt.

Warum Waldbaden? Weil wir mit allen Sinnen in den Eindrücken, die uns der Wald bietet und in seiner gesunden Luft baden.



Was brauche ich für ein gelingendes Waldbaden?


1. Ausrüstung und Regeln:


Schon bei der gemeinsamen Vorbereitung kann die Freude auf den gemeinsamen Waldausflüg geschürt werden. Kinder lieben Picknick im Wald. Also Essen nicht vergessen. Auch die Kleidung ist besonders wichtig.


Was gehört alles in den Rucksack?

Manche Kinder haben auch gern ihren eigenen Rucksack.


  • Sitzunterlagen oder Picknickdecke

  • Erste Hilfe Set

  • Lupe

  • ein kleines Notizbuch und Stifte

  • Baum- Pflanzenbestimmungsbuch, Naturbuch, schöne Geschichte

  • Picknick: z.Bsp. Obst, Brot, Nüsse, Trockenfrüchte, Wasser, Kakao

  • Taschenmesser

  • leere Eierschachtel oder andere Dose für kleinere Schätze

  • eine Plastiktüte für Müll, den ihr unterwegs gleich einsammeln könnt

  • Kamera, Handy geht natürlich auch, aber offline

  • Schnüre


Kleidung:

Die Kleidung sollte so beschaffen sein, dass sie dreckig werden darf, ausreichend wärmt, aber die Kinder nicht schwitzen. Dafür eignet sich besonders das Zwiebelprinzip mit mehreren Lagen.

Dann kann beim Essen eine Lage angezogen und beim Spielen wieder eine ausgezogen werden.

Günstig sind Gummistiefel. Sie schützen vor Feuchtigkeit und je nach Gegend vor Schlangenbissen oder Zecken (bitte Zeckenschutz dennoch nicht vergessen oder die Kinder nach dem Waldbaden nach Zecken gründlich absuchen).


Regeln: Im Wald dürfen die Kinder springen, hüpfen, klettern, sich frei bewegen. Wichtig finde ich dennoch ein paar grundsätzliche Regeln, die mit Achtung und Wertschtätzung zu tun haben.

Ich bin Gast im Wald und benehme mich auch so. Ich gehe vorsichtig und achtsam mit den Pflanzen, Lebenwesen und Dingen im Wald um. Ich zerstöre nichts und nehme mir nur so viel, wie ich wirklich brauche.

Wenn die Kinder zum Beispiel Tannenzapfen für zuhause sammeln wollen, dann überleg mit ihnen, wofür die Tannenzapfen im Wald wichtig sein könnten. Zum Beispiel sind Tannenzapfen ein wichtiges Nahrungsmittel für Eichhörnchen, Vögel, Mäuse. Und daher sollten noch für einen ganzen Winter ausreichend Tannenzapfen für die Tiere im Wald bleiben.

Meine Kinder haben für sich selbst die Regel entwickelt, dass sie den Wald fragen, wenn sie etwas gern mitnehmen würden. Sie sind dann ganz andächtig, stellen die Frage und warten auf Antwort. Tatsächlich sagen sie manchmal etwas enttäuscht, dass der Wald nein gesagt hat. Sie suchen dann einen schönen Platz für ihren Schatz, den sie gern mitgenommen hätten oder tun ihn wieder da hin wo sie ihn gefunden haben. Manchmal erlaubt ihnen der Wald aber auch, dass sie dafür etwas anderes mitnehmen dürfen.



2. Magie des Waldes aufbauen


Als Kind war der Wald für mich ein magischer Ort. Eben weil ich wusste, dass ich dort in eine Welt abtauchen kann, die ganz meine ist und die ganz frei und weit ist ohne Grenzen. Da diese Verknüpfung für viele Kinder nicht mehr so da ist, ist es hilfreich, diese Magie bewusst aufzubauen!


Folgende Impulse können dabei hilfreich sein:


  • Erzähl deinen Kindern wie kraftvoll der Wald ist. Dass seine Luft besonders gesund für uns ist. Dass der Wald uns hilft, zur Ruhe zu kommen. Dass die Geräusche im Wald den Ohren besonders gut tun.

  • Die Bäume sind unsere Freunde. Sie filtern für uns die Luft und verwandeln CO2 in Sauerstoff. Das, was wir ausatmen, nehmen sie zum Atmen und machen wieder frische Luft daraus, die wir wieder einatmen. Das ist wie ein Kreislauf und spannend für Kinder zu wissen. Auch Informationen über das Netzwerk der Wurzeln und Pilze, über die Bäume miteinander kommunizieren kann die Fasziniation der Kinder für die zauberhafte Seite des Waldes wecken.

  • Im Wald wohnen unglaublich viele Tiere. Größere und kleinere und ganz winzige. Der Wald ist ganz lebendig. Vielleicht wohnen dort sogar Elfen, Feen und Wichtel.... Hier in Finnland gibt es ein Buch, das über all die verschiedenen Wichtelarten berichtet. Welchen Wohnraum sie bevorzugen, was sie essen, wie groß und schwer sie sind. Gesehen habe ich noch keinen. Aber ich kenne Leute, die das schon geschafft haben.

  • Auch durch eine Geschichte kann die Magie aufgebaut werden. Vielleicht lest ihr gerade ein Buch, das über Tiere im Wald, über Feen oder andere Zauberwesen berichtet.

  • Du kannst auch über deine eigenen Kindheitserfahrungen im Wald sprechen.


3. Die magische Pforte - Das Betreten des Waldes


Sucht euch eine Stelle, die für euch die Schwelle zwischen der Alltagswelt und der "magischen Wald-Welt" sein kann. Hier wird noch einmal bewusst die Magie des Waldes geschürt und damit ihr zauberhafter Raum für die Kinder mit Spannung eröffnet.Vielleicht wollt ihr gemeinsam mit den Kindern dem Wald auch einen Namen geben.

Wir haben als Pforte einen kleinen Bach, über den wir drüber springen. Das kann aber auch ein Baum sein, an den ihr mit einem besonderen Stöckchen klopft und eine Zauberformel sprecht. Das Stöckchen kann entweder immer in der Nähe des Baumes versteckt sein oder ihr nehmt es als Schlüssel mit nachhause.

Betretet feierlich und bewusst den Wald. Einer nach dem anderen und wartet nach der Schwelle aufeinander. Vielleicht habt ihr auch ein besonderes Grußwort für den Wald.

Dann kann das Abenteuer Wald losgehen.


4. Das Basislager


Sucht mit den Kindern eine Stelle, wo euer Basislager ist. Wo auch das Picknick gegessen wird, wo die Rucksäcke ihren Platz finden können (z. Bsp. an einen abgebrochenen Ast am Baum hängen). Die Eltern können auch im Basislager bleiben und die Kinder können allein losziehen. Wichtige Regel dabei je nach Alter der Kinder: Wie weit dürfen sie gehen? Sichtweite oder Begrenzung kann deutlich gemacht werden mit Hilfe von Schnüren, die an Bäumen oder Pflanzen gebunden werden können. Meine Kinder dürfen sich weiter weg von mir bewegen. Da der Wald in Finnland jedoch sehr groß ist und gerade wenn wir in einem neuen Waldstück unterwegs sind ist mir Rufweite wichtig.

Kinder kommen gerade dann auf die tollsten Spielideen, wenn sie allein erkunden dürfen.


5. Den Wald mit allen Sinnen erleben


Gerade wenn die Kinder nicht so oft im Wald sind, ist es hilfreich, sie ein wenig anzuleiten, damit sie tiefer und mit allen Sinnen in die Welt des Waldes abtauchen können.


Indianergang

Wie gehen Indianer? Sie gehen ganz verbunden mit der Erde. Setzen ihre Füße ganz bewusst auf und spüren mit den Füßen, ob sie guten Halt haben, da wo sie laufen. Indianer machen beim Laufen kaum ein Geräusch. Sie sind unheimlich gut im Schleichen. Wenn sie neue Orte erkunden, dann schauen sie sich alles ganz genau mit Adleraugen an. Sie gehen wie in Zeitlupe. Sie spüren über die Füße, wie viel Wasser in der Erde ist. Ob sie gerade trocken ist oder feucht...


Genaues Hinschauen

Kinder sind Meister im Genau-Hinschauen. Sie finden Details, die uns Erwachsenen oft entgehen. Lass dich mit den Kindern hineinziehen in dieses absichtslose Betrachten und Staunen mit neugierigen Augen. Eine Lupe ist ein zauberhaftes Mittel, um den Wald noch einmal in einer ganz anderen Tiefe zu betrachten. Ganz neue Welten tun sich in der Lupe auf. Macht euch auf die Suche und zeigt euch gegenseitig eure Lieblingsstellen.




Lauschen

Fürs Lauschen sucht euch am Besten einen Platz, wo ihr gut stehen könnt. Macht eure Ohren ganz groß und weit. Öffnet sie für alle Geräusche um euch herum. Wenn die Kinder mögen, können sie die Augen dabei schließen. Nehmt die Geräusche wahr, die ganz weit entfernt sind. Und dann die die näher sind und schließlich die, die ganz nah sind. Die Kinder können auch über ihren Ohren die Hände wie Muscheln formen und sich langsam um ihre eigene Achse drehen. Tauscht auch mal die Plätze und lauscht euch da hinein.


Atmen

Die Kinder wissen ja schon, wie gesund die Waldluft ist. Atmet mit ihnen ganz bewusst diese Luft ein. Die Kinder können sich dazu auch einen bestimmten Baum aussuchen, dessen frisch gereinigte Luft sie einatmen wollen.


Fühlen

Welche Fühlqualitäten kennen die Kinder: weich, hart, rauh, glatt, kalt, warm.... Lasst sie sich durch den Wald tasten mit den Fingern. Was fühlt sich besonders schön an. Zeigt es euch gegenseitig.



Schmecken

Je nach Gegend ist Vorsicht geboten. Informiert euch bitte vorher, ob das Gebiet Fuchsbandwurmgefährdet ist. Wenn nicht, dann traut euch bitte auch nur an die Pflanzen oder Beeren heran, die ihr genau bestimmen könnt. Leicht zu erkennen: Blaubeere, Preisselbeere, Himbeere, Brombeere, Sauerklee, Bärlauch (Achtung: Verwechslungsgefahr mit Maiglöckchen)

Ihr könnt Schmecken aber auch als einen Teil beim Picknickessen integrieren. Ein Apfelschnitz mit geschlossenen Augen im Wald ganz langsam gelutscht ist ein besonderer Genuß!


Riechen

Wie riecht Erde? Wie Moos? Wie Baumrinde? Wie frisch zerriebene Blätter? Schnuppert mal durch den Wald.


6. Picknick - Austausch über das Erlebte


Beim gemeinsamen Picknick können die Kinder noch mal über das Erlebte erzählen. Was haben sie entdeckt? Was hat ihnen besonders gut gefallen? Was haben sie beobachtet, bemerkt? Was hat sie überrascht? Was haben sie über den Wald gelernt?


7. Danksagung und Abschied


Schaut, dass ihr beim Verlassen des Waldes all euren Müll und eure Spuren verwischt. Kleine Bauwerke der Kinder können meiner Meinung so stehenbleiben. Ich bin mir sicher, dass der Wald und seine Bewohner sich über von Kinderhand gebaute Kunstwerke freuen und sie neugierig betrachten werden.

Wenn ihr zurück geht, dann vergesst nicht eure magische Pforte, durch die ihr auch wieder den Weg in die Alltagswelt zurückfindet. Bleibt kurz vor der Pforte stehen, schließt noch einmal die Augen, atmet noch einmal tief ein und aus und schickt ein Dankeschön in den Wald. Vielleicht wollen die Kinder dies mit einem kleinen Geschenk tun. Das kann ein Wort sein, ein kleiner Dankeshüpfer, ein Tannenzapfen, ein Ton oder Geräusch oder ein in den Boden geritztes Dankeszeichen... Die Kinder wissen schon, was für sie passt. Und dann verabschiedet euch und geht durch die Pforte.

Ihr kommt sicher wieder!




Ich wünsche euch eine wunderbare gemeinsame Zeit im Wald!



Eure Anna von luonnontaika



Dieser Artikel entstand im Zuge der Aktion #7Tage7Artikel von Anna Koschinski







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